Suchttherapie 2017; 18(04): 172-176
DOI: 10.1055/s-0043-119596
Schwerpunktthema
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Angehörige von drogenabhängigen Menschen – Suchterkrankungen aus einer anderen Perspektive

Significant Others of Drug Abusers – Another Perspective on Addiction
Lea Anna Ruckstuhl
1   Fachstelle Sucht Bezirk Hinwil, Wetzikon, Schweiz
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Publication Date:
05 October 2017 (online)

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Zusammenfassung

Die Situation von Angehörigen von heroin- und kokainabhängigen Menschen wurde in der Schweiz bisher nur wenig wissenschaftlich untersucht. Die vorliegende Arbeit hat deshalb einen explorativen Charakter. Im Zentrum der Untersuchung stand die Frage, welche Auswirkungen die Suchterkrankung eines nahestehenden Menschen auf die psychische Gesundheit der Angehörigen hat und welche Rolle Bewältigungsstrategien in diesem Zusammenhang spielen. Mittels standardisierten Fragebögen wurden die Daten erhoben. Die Auswertung erfolgte über multiple lineare Regressionsmodelle, die folgende Ergebnisse brachten: Je stärker sich Angehörige durch die Abhängigkeitserkrankung belastet fühlten und je mehr Sorgen sie hatten in Bezug auf Finanzen, Gesundheit, Arbeit und Beziehungen, desto höher war ihr Risiko die Kriterien einer klinisch relevanten Depression zu erfüllen. 27,3% der befragten Angehörigen erfüllten zum Zeitpunkt der Befragung die Kriterien einer klinisch relevanten Depression, was deutlich über der erwarteten 12-Monatsprävalenz von 7% in der Schweizer Bevölkerung lag. Dabei spielen insbesondere die Bewältigungsstrategien, die Angehörige anwenden eine wichtige Rolle. So zeigte sich, dass insbesondere negative Bewältigungsstrategien, die das Stresserleben erhöhen mit einer höheren Depressivität assoziiert sind. Positive Bewältigungsstrategien, die das Stresserleben reduzieren, scheinen dagegen keine protektive Wirkung zu haben. Insgesamt legen die Ergebnisse nahe, dass Angehörige in der Schweiz besser unterstützt und in der Forschung als auch im klinischen Alltag mehr Beachtung bekommen sollten.

Abstract

In contrast to research projects in England and the United States, the situation of significant others of drug abusers has not been investigated in Switzerland so far. Therefore, the current study is of an explorative character. It aimed to examine stress and burden related morbidity and coping behaviour of significant others of cocaine and heroin abusers. The research questions were approached with standardized questionnaires, which were analyzed by multiple regression models. The results of this study indicate that a multitude of burden and stress cause a high morbidity for health problems, especially depression, in the population of significant others of drugs abusers. Especially negative coping strategies, which increase stress level, seem to play a key role in heightening the risk for depression. In contrast, positive coping strategies, which decrease stress level, do not seem to have any protective impact on depression. Overall, the results suggest that more attention should be paid to a help and support system for family members of addiction patients.